
In Deutschland ist ein ehemaliger syrischer Geheimdienstoberst wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Anwar R. war Verhörleiter im Gefängnis Al-Khattib bei Damaskus. Zwischen April 2011 und September 2012 wurden nach Angaben der deutschen Justiz unter seiner Führung 4.000 Menschen gefoltert, von denen 58 nicht überlebten, hauptsächlich Mitglieder der Opposition gegen Präsident Assad.
R. ist der ranghöchste Syrer, der in Europa wegen seiner Rolle im syrischen Bürgerkrieg verurteilt wurde. Im vergangenen Jahr wurde in Deutschland ein Untergebener von R. zu 4,5 Jahren Gefängnis verurteilt.
R.s Anwalt hatte einen Freispruch beantragt. R. hätte sich nie selbst gefoltert und ist zudem 2012 zur Opposition übergelaufen. Er behauptete auch, Gefangenen geholfen zu haben, was unter anderem Verdacht erregte. 2014 reiste er nach Erhalt eines humanitären Visums nach Deutschland.
Ein Jahr später schlug er bei der Polizei Alarm, aus Angst, von Assads Geheimagenten verfolgt zu werden. Darüber hinaus tauchte seine Vergangenheit als Oberst im Assad-Regime auf. 2019 verhaftete Deutschland R., ein Jahr später begann der Prozess gegen ihn in Koblenz.
Obwohl die Verbrechen nicht von einem Deutschen und nicht in Deutschland begangen wurden, konnte R. dort dennoch strafrechtlich verfolgt werden. Deutschland kann auf der Grundlage der sogenannten universellen Gerichtsbarkeit verfolgen. Dann muss es sehr schwere Verbrechen geben, wie Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Der Autor: Elias Böhm
Er arbeitete mehr als 6 Jahre als Literaturredakteur und Journalist für die Dresdner Zeitung. Jetzt interessiert er sich für innenpolitische Themen und gesellschaftlich relevante Entwicklungen.