Home Politik Immer noch sehr wenig getan, um die deutsche Armee wiederherzustellen

Immer noch sehr wenig getan, um die deutsche Armee wiederherzustellen

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Ein dreiviertel Jahr nach der angekündigten Verteidigungsrevolution ist die Bundeswehr immer noch in einem beklagenswerten Zustand. Die Bundeswehr scheint (viel) zu wenig Munition zu haben, auch wegen des Krieges in der Ukraine.

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht sagte am Mittwoch auf der Berliner Sicherheitskonferenz: „Es ist wichtig, dass die Verbündeten wissen, dass sie sich auf uns verlassen können.“Der sichtlich nervöse SPD-Minister sprach in Berlin vor einem gut gefüllten Saal mit hochrangigen Militärs und Industriellen.

Die Realität sieht jedoch anders aus, wie auch Lambrecht zu erkennen schien. Die Bundeswehr befindet sich seit Jahren in einem beklagenswerten Zustand. Kampfflugzeuge bleiben wegen überfälliger Wartungsarbeiten am Boden, U-Boote können nicht tauchen und Armeepanzer können nicht einmal rollen. Die Probleme häufen sich weiter, jetzt, wo sich auch herausstellt, dass nicht genügend Munition zur Verfügung steht.

Eine Woche vor dem Gewerkschaftstag war der Minister im Bundestag verlegen, als die oppositionelle CDU-Partei fragte, wie viele Tage die Munitionsversorgung Deutschlands dauert. Lambrecht blieb noch eine Antwort schuldig. Sicher ist jedoch, dass der Kugelvorrat die Dreißig-Tage-Anforderung der Nato nicht erfüllt.

Am 24.Februar kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz, Lambrechts Parteifreund, in einer enthusiastischen Rede eine Trendwende im Verteidigungsbereich an. Mit 100 Milliarden Euro setzte Deutschland eine veritable Panzerfaust ein, um der schlecht gewarteten Armee ein großes Facelifting zu verpassen. Aber seit mehr als 9 Monaten scheint von der Zeitenwende wenig gekommen zu sein.

„Ich habe von der Kanzlerin ein klares Signal erwartet“, deutete SPD-Parteivorsitzender Lars Klingbeil diese Woche in Richtung Rüstungsindustrie an. Die deutschen Rüstungshersteller reagierten sofort verbal: „Wir warten nicht und schauen nicht zu“, sagte Christoph Atzpodien. Laut dem Vorsitzenden des Industrieverbandes BDSV sind Unternehmen – von groß bis klein – tatsächlich Risiken eingegangen, indem sie ohne Aufträge zur Arbeit gegangen sind.

Die europäischen Partner reagieren fassungslos auf die deutsche Aufregung. „In Paris wurde die Rede von Scholz als große Chance für eine europäische Verteidigungspolitik gesehen, aber es wurden kaum Fortschritte erzielt“, sagt Shahin Vallée von der deutschen Denkfabrik DGAP während eines digitalen Roundtables.

Vallée zufolge hat die deutsche Isolation die Beziehungen zu Frankreich ernsthaft beeinträchtigt. So beschlossen die Deutschen von sich aus, 45 Kampfflugzeuge von den Amerikanern zu kaufen, eine vielversprechende Initiative für einen deutsch-französischen Panzer scheiterte, und Berlin lehnte eine Bestellung von Hubschraubern beim französischen Airbus ab. Die Deutschen arbeiten lieber mit den Amerikanern zusammen.

Während Berlin anderswo Ausrüstung einkauft und den Panzer KF51 Panther selbst produziert, wusste Ministerin Lambrecht bereits im vergangenen Jahr von der Munitionsknappheit. „Durch den Export deutscher Munition in die Ukraine ist die Lage noch schlimmer“, räumt sie im Interview mit der FAZ ein.

Deutschland scheint daher schnell durch die 100 Milliarden zu sein, da allein die Herstellung von Munition in den kommenden Jahren laut Bundesverteidigungsministerium 20 Milliarden Euro kosten wird.

Inzwischen muss die eigene Rüstungsindustrie aus der Ferne kommen, nachdem sie in den letzten Jahren hauptsächlich im Sparmodus gelebt hat. Der Vorstandsvorsitzende des Herstellers Rheinmetall erklärte zuvor, sein Unternehmen könne den Geschossbestand nur „innerhalb von sechs bis zwölf Monaten auffüllen, weil sein Unternehmen in zwei Schichten arbeiten muss“.“

Für das kommende Jahr verspricht Ministerin Lambrecht, 1,125 Milliarden Euro für Kugeln, Bomben und Granaten bereitzustellen. Damit haben sich die Zeiten geändert: 2015, ein Jahr nach der russischen Annexion der Krim, kostete Munition Deutschland nur 300 Millionen Euro.


Der Autor: Elias Böhm

Er arbeitete mehr als 6 Jahre als Literaturredakteur und Journalist für die Dresdner Zeitung. Jetzt interessiert er sich für innenpolitische Themen und gesellschaftlich relevante Entwicklungen.

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